Einblicke aus der Praxis: CSR-Berichterstattung bei der HUK-COBURG

Interview mit Günther Zumsande

Der Congress der Controller ist bekannt für seine hochkarätigen Vorträge und praxisnahen Einblicke – genau das bot auch Günther Zumsande, Spezialist für Nachhaltigkeit bei der HUK-COBURG, in seinem Vortrag auf dem Congress 2025, unterstützt im Bereich der Klimabilanz durch seinen Kollegen Stefan Döbereiner. Als aktives Mitglied im Arbeitskreis Franken des Internationalen Controller Vereins (ICV) und engagierter Treiber im Themenfeld Green Controlling, brachte Zumsande nicht nur Fachwissen, sondern auch konkrete Erfahrungen aus dem eigenen Unternehmen mit.

Die Integration von Nachhaltigkeit in Steuerung, Reporting und Unternehmensprozesse ist für den ICV bereits seit Jahren ein bedeutsames Thema. Dass dies keine rein theoretische Übung ist, sondern mit zahlreichen Herausforderungen verbunden sein kann, zeigte der Vortrag zur erstmaligen Erstellung eines CSR-Berichts bei der HUK-COBURG eindrucksvoll. Im Interview teilt Günther Zumsande seine Erfahrungen – und gibt wertvolle Hinweise für alle, die sich ebenfalls auf den Weg in die Nachhaltigkeitsberichterstattung machen.

Was waren die größten Herausforderungen bei der erstmaligen Erstellung des CSR-Berichts bei der HUK-COBURG?

Die größte Herausforderung bestand darin, dass sich das Nachhaltigkeitsteam zunächst intern finden und positionieren musste. Nachhaltigkeit als Querschnittsthema betrifft alle Fachbereiche eines Unternehmens – entsprechend vielfältig und komplex war die Abstimmung. Zudem war die äußere Regulatorik zum Zeitpunkt der Erstellung noch im Wandel. Vieles war unklar, die Vorgaben noch im Fluss – ein wenig wie eine Schiffsfahrt durch dichten Nebel, bei der das Schiff noch während der Reise gebaut wird. Gleichzeitig musste ein Bericht entstehen, der später von Wirtschaftsprüfern kontrolliert wird – was den Anspruch an Nachvollziehbarkeit und Dokumentation deutlich erhöht hat.
Wie sind Sie methodisch bei der doppelten Wesentlichkeitsanalyse vorgegangen?

Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse war für uns komplettes Neuland. Sie verlangt, sowohl die Auswirkungen des Unternehmens auf Nachhaltigkeitsthemen (Inside-Out) als auch die Einflüsse externer Nachhaltigkeitsthemen auf das Unternehmen (Outside-In) entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu analysieren. Besonders anspruchsvoll war es, über die klassische Lieferkette hinauszudenken – viele Informationen liegen dort gar nicht vollständig vor. Methodisch haben wir uns eng am ESRS-Standard orientiert. Die Analyse erfolgte gemeinsam mit den Fachabteilungen, die wir intensiv eingebunden haben. Diese Zusammenarbeit war essenziell, auch wenn sie mit erheblichem Aufwand verbunden war.

Wie haben Sie die Datensammlung und -strukturierung organisiert?

Nach der Wesentlichkeitsanalyse ging es darum, die relevanten Kennzahlen zu identifizieren – ein weiterer schwieriger Schritt, da vieles interpretierbar ist. Die Daten selbst waren häufig gar nicht verfügbar oder nicht in der geforderten Granularität vorhanden. In vielen Fällen mussten wir auf Schätzungen zurückgreifen, die mit dem Wirtschaftsprüfer abgestimmt wurden. Besonders in Gebäudethemen, Emissionen und Energieverbrauch war das eine Herausforderung. Die Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen war intensiv, und uns wurde bewusst, wie groß die Lücken in der Datenverfügbarkeit in einigen Bereichen noch sind.

Wie unterscheidet sich die neue externe Prüfung des CSR-Berichts von bisherigen freiwilligen Prüfungen?

Die Prüfung ist deutlich tiefgehender als das, was wir bisher kannten. Es geht nicht nur um das Endergebnis, sondern auch um die Prozesse und deren Dokumentation. Die Prüfung ähnelt zunehmend der Finanzberichterstattung – auch hier gilt: Was nicht dokumentiert ist, existiert nicht. Wir haben daher von Beginn an darauf geachtet, dass Prozesse nicht nur durchgeführt, sondern auch konsequent beschrieben und festgehalten werden. Glücklicherweise konnten wir im Bereich Risikomanagement und interner Kontrollen auf bestehende Strukturen aus der Versicherungswelt zurückgreifen – ein klarer Vorteil.

Welche Rolle spielten IT-Systeme und Tools in diesem ersten Bericht?

Wir hatten ursprünglich geplant, ein Tool zu verwenden, das sowohl Textinhalte als auch Kennzahlen integriert und an das bestehende Berichtssystem übergibt. Leider ließ sich das zum ersten Berichtszeitpunkt noch nicht umsetzen. Daher mussten wir weitgehend manuell arbeiten – mit Excel- und Word-Dokumenten. So aufwendig das war: Es half uns, die Prozesse und Schwachstellen sehr genau zu verstehen. Künftig wollen wir jedoch unbedingt IT-seitig nachrüsten, um effizienter und konsistenter berichten zu können.

Welche Learnings nehmen Sie für die Zukunft mit?

Ein zentraler Punkt ist die Vereinfachung der Wesentlichkeitsanalyse und der Datensammlung – insbesondere für die Fachabteilungen. Je intuitiver und strukturierter der Prozess gestaltet ist, desto besser wird die Qualität. Auch die Genauigkeit der Daten soll verbessert werden, damit wir weniger auf Schätzungen angewiesen sind. Nachhaltigkeitsberichterstattung ist kein einmaliges Projekt, sondern ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess. Wir haben bewusst Potenziale zur Optimierung offengelassen, die wir nun systematisch angehen.

Was raten Sie anderen Unternehmen, die jetzt mit ihrer ersten CSR-Berichterstattung starten?

Der wichtigste Rat: Fangt früh genug an! Die Anforderungen sind nicht zu unterschätzen, und die interne Kommunikation ist entscheidend. Nachhaltigkeit ist kein Thema, das in einer separaten Abteilung abgehandelt werden kann – es betrifft das gesamte Unternehmen. Nur wenn alle Beteiligten verstehen, warum das Thema wichtig ist und was konkret zu tun ist, kann der Bericht gelingen. Es geht um mehr als Reporting: Es geht um ein Umdenken im gesamten Unternehmen. Kommunikation, Zusammenarbeit und Klarheit über Ziele und Daten sind entscheidend – das lässt sich nicht kurzfristig „abarbeiten“.

Vielen Dank für das Interview.