Congress der Controller 2025 – Rückblick

Kern des Controllings bleibt – Methoden, Rollen und Erwartungen verändern sich

Congress der Controller 2025: von Awards über KI bis zu Wake-up Calls

„The Perfect Storm“ und was er für die Unternehmenssteuerung bedeutet
Sechs Entwicklungslinien skizzieren den Wandel

Controlling: Proaktive Gestaltung bleibt gefragt

KI und menschliche Expertise: the perfect match

Nach der Eröffnung durch den ehemaligen ICV-Vorstandsvorsitzenden Prof. Dr. Heimo Losbichler übernahm sein Nachfolger Matthias von Daacke das Wort: „Perfect Storm?

Das ist das Congress Motto 2025, aber was ist schon perfekt, wenn die schlechtesten Ereignisse aufeinandertreffen?“
Controller und Controllerinnen sind jetzt besonders gefordert: als verlässliche Partner des Managements, als Lotsen, die Rationalität sichern und Orientierung geben. Sie sind sozusagen die Fitnesscoaches der Unternehmen!

Mit Zukunftsoptimismus das Ruder des Abschwungs herumreißen

Und so sah es auch der erste Speaker des Tages, Dr. Fabian Mehring, der direkt mit einem „Wake-up-Call“ startete. In seinem Vortrag plädiert der Bayerische Staatsminister für Digitales für eine neue „Deutschlandidee“ als gemeinsame Vision von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Ein moderner Digitalstaat und eine innovative Verwaltung seien zentrale Bestandteile dieser Leitidee.

Zukunft des Controllings – zwischen Wandel und Stabilität

Prof. Dr. Heimo Losbichler zeichnete ein klares Bild davon, was bleibt – und was sich verändert. Controlling wird auch künftig eine tragende Rolle im Unternehmen spielen, aber die Art und Weise, wie gesteuert, geplant und analysiert wird, wandelt sich rasant. Der technologische Fortschritt, neue regulatorische Anforderungen, gesellschaftlicher Wertewandel und demografische Entwicklungen treffen aufeinander – und erfordern ein Controlling, das nicht nur mitläuft, sondern proaktiv gestaltet.

Sechs zentrale Entwicklungslinien skizzieren den Wandel:

  1. Digitalisierung & Künstliche Intelligenz (KI): Analysen werden schneller, präziser und komplexer – doch Maschinen ersetzen keine Menschen. Der menschliche Mehrwert liegt in Empathie, Kontextverständnis und kritischem Denken. Dafür braucht es neue Kompetenzprofile: Fach-, Sozial-, Geschäfts- und Technologiekompetenz.
  2. Nachhaltigkeit: CSRD, EU-Taxonomie und ESG-Reporting verändern die Anforderungen grundlegend. Controller müssen nicht-finanzielle Daten integrieren, interpretieren und in Steuerungsimpulse überführen.
  3. Komplexität & Agilität: In einer volatilen, unsicheren Welt braucht es neue Formen der Planung, Steuerung und Entscheidungsfindung. Rolling Forecasts, Szenarien und resilientere Prozesse gewinnen an Bedeutung.
  4. Rollenbilder im Controlling: Das klassische Bild des „Zahlenlieferanten“ hat ausgedient. Das neue IGC-Leitbild 4.0 beschreibt differenzierte Rollen – vom Business Partner bis zum Data Scientist.
  5. Demografie: Mit dem bevorstehenden Ruhestand der Babyboomer geht viel Wissen verloren. Gleichzeitig mangelt es an qualifiziertem Nachwuchs – der Wettbewerb um Talente wird härter.
  6. Generationenwandel: Junge Generationen bringen neue Werte mit: Purpose, Mitbestimmung, Work-Life-Balance. Das verändert Führungsverständnis und auch Erwartungen an das Controlling.

Fazit: Der Kern des Controllings – Planung, Steuerung, Information – bleibt erhalten. Doch die Methoden, die Rollen und die Erwartungen verändern sich. Wer heute Controllerin oder Controller ist, hat einen der spannendsten Jobs im Unternehmen – vorausgesetzt, man ist bereit, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln.

Controlling Excellence Award: Vonovia

Den Albrecht Deyhle Award for Controlling Excellence 2025 erhielt Vonovia. Europas führendes Wohnungsunternehmen beeindruckte mit einem datenbasierten Steuerungssystem, das den technischen Service mit über 3.000 Monteuren effizienter macht. Herzstück ist der digitale Gebäudezwilling, der Auftrags-, Zeit-, Qualitäts- und Kostendaten in Echtzeit verknüpft. Predictive Analytics verbessert die Forecast-Qualität und reduziert manuelle Abstimmungsprozesse deutlich.

Die Ergebnisse sprechen für sich:

  • 5 % höhere Effizienz in der Instandhaltung
  • 48 % weniger Budgetgespräche bei gleicher Steuerungsqualität
  • Spürbare Entlastung der Fachbereiche
  • Hohe Akzeptanz und tiefgreifender Kulturwandel

Henkell Freixenet: Strategiekonformes Controlling
Thilo Rieser präsentierte das Power-Circles-Modell, mit dem Henkell Freixenet seine Steuerung ausrichtet. Die vier Dimensionen – Marke, Vertrieb, Supply Chain und Finanzen – werden durch KPIs, Benchmarks und klare Verantwortlichkeiten gesteuert. Damit leistet das Controlling einen aktiven Beitrag zur Umsetzung der Unternehmensstrategie 2030. Besonders bemerkenswert: die Logik, die Elemente von Balanced Scorecard und OKR vereint – kombiniert mit marktspezifischer Flexibilität.

Leila Gharani: KI & Python in Excel

Leila Gharani, mit über 2,7 Mio. YouTube-Followern eine der bekanntesten Excel-Expertinnen weltweit, zeigte live, wie KI und Python direkt in Excel eingesetzt werden können. Sie demonstrierte u.a. Anomalieerkennung, Trendanalysen und die Integration externer Datenquellen. Gleichzeitig warnte sie vor „Fake Productivity“: Wer Tools wie Copilot ohne Kontextwissen nutzt, riskiert Fehlinterpretationen und Scheinsicherheit. Ihr Fazit: KI ist ein mächtiges Werkzeug – aber nur im Zusammenspiel mit menschlicher Expertise.

Themenzentrum A – KI: Zwischen Hype und Realität

Drei starke Perspektiven:

  • Dr. Bissantz: Visualisierungen und KI können täuschen – ohne Governance, Fachwissen und Datenqualität ist der Nutzen begrenzt.
  • KPMG: Erste erfolgreiche Anwendungsbeispiele sind da, etwa im Rechnungswesen – aber KI bleibt auf menschliches Urteil angewiesen.
  • DATEV: Mit dem Mittelstandsindex, Prognosen und Risikofrüherkennung zeigt DATEV, wie KI praktisch nutzbar wird – sofern ein Kompetenzzentrum mit Governance dahintersteht.

Themenzentrum B – Nachhaltigkeit & Regulatorik

  • Prof. Gleißner: Nachhaltigkeit muss strategisch und nicht rein als ESG-Score verstanden werden.
  • HUK-COBURG: Praxiserfahrung mit dem ersten CSRD-Bericht – ein steiniger Weg mit klarem Kurs.
  • Helaba: ESG als Teil der Gesamtbanksteuerung mit konkreten Dekarbonisierungspfaden und Datenintegration – inklusive Veröffentlichung im Geschäftsbericht.

Themenzentrum C – Transformation und Resilienz international

  • BENTELER: Mit einem 4-Säulen-Modell begegnet das Unternehmen globalen Unsicherheiten – von Liquiditätsplanung bis Effizienzprogramm.
  • ORLEN: Controlling-Transformation als „Crew auf hoher See“ – mit Datenkompetenz und KI-Forecasts.
  • BCG: Supply Chain als strategischer Erfolgsfaktor – Controlling als Co-Pilot für integrierte Planung und Resilienz.

ICV – Péter Horváth Green Controlling Preis: SUND Group

Mit der „Vision 2030“ will die SUND Group ihre Produkte zu 100 % aus Recycling oder nachwachsenden Rohstoffen herstellen – bei wachsendem Umsatz. Green Controlling, Projektmanagement und Innovationskraft sind zentraler Bestandteil der Umsetzung. Nachhaltigkeit ist hier kein Trend – sie ist Geschäftsstrategie.

Globaler Ausblick: Prof. Dr. Manuel Vermeer

Sein geopolitischer Weckruf: Während China und Indien ihre strategischen Positionen stärken, riskiert Europa die Zuschauerrolle. Seine Empfehlung: Europa muss in Infrastruktur, Mittelstand und digitale Unabhängigkeit investieren – und mit einer Stimme sprechen.

Ausblick: Der 50. Congress der Controller findet am 27./28. April 2026 in München statt. Ein Jubiläum – und eine neue Gelegenheit, gemeinsam über die Zukunft der Steuerung nachzudenken.